Domenic Staelberg aus Victors Marketing-Team berichtet vom diesjährigen Genfer Autosalon, wo er mit Rolls-Royce Design-Chef Giles Taylor über den Neustart der Marke für ein jüngeres Publikum und die Zukunft luxuriöser Mobilität spricht und erfährt, was es mit dem Motto “Yes we can!” auf sich hat.
Victor: Können Sie uns etwas zu Ihrer Geschichte bei Rolls-Royce erzählen?
Giles Taylor: Ich bin seit sieben Jahren bei Rolls-Royce, sechs davon als Design-Leiter. Ich war bei der Umsetzung des Wraith dabei, habe den Dawn und den Phantom entworfen und die neue Generation von Fahrzeugen mit einer hohen Karosserie entwickelt. Ich wurde am Royal College of Art in London ausgebildet und hatte schon immer eine Leidenschaft für Automobil-Design. Und jetzt bin ich an der Gestaltung der modernen Rolls-Royce-Generation beteiligt.
Das Durchschnittsalter der Besitzer liegt inzwischen bei 45 Jahren. Viele Leute können gar nicht glauben, dass das tatsächlich das Durchschnittsalter ist. Das sind zum Teil Jungunternehmer aus dem asiatisch-pazifischen Raum und dazu ältere Käufer aus Europa und Nordamerika. Aber tatsächlich liegt der Durchschnitt bei 45 Jahren.
Victor: Ist das einer der Gründe für die Einführung der Black-Badge-Reihe? Sie wollen ein jüngeres Publikum ansprechen?
GT: Ja. Wir haben uns von Kundenwünschen leiten lassen. Wir mussten das eigentlich nicht tun. Aber viele unserer Kunden sagten: „Ihr solltet das machen, denn ich würde einen Rolls-Royce fahren, wenn er Karbonfelgen, ein verbessertes Bremspaket, eine bessere Lenkübersetzung und eine straffere Federung hätte.“ Das sind alles Elemente, die für jüngere Menschen attraktiv sind. Es ist also eine Reaktion auf die Fahrer. Bei Black Badge dreht sich alles um die Menschen am Steuer und nicht um die Wagen mit Chauffeur.
Victor: Wir sitzen im Vorzeige-Rolls-Royce, dem großen Phantom VIII, und zwar der neuesten Generation. Was steckt hinter dem Design des Phantom?
GT: Phantom ist der älteste Name. Es gibt ihn seit 90 Jahren. Er ist das älteste Modell auf der Straße. Der erste Phantom wurde von Sir Henry Royce entworfen. Und er ist die ultimative Verkörperung des Luxusautos, alles dreht sich um die Rücksitze, den „Flug auf dem Zauberteppich”. Bei dieser Generation sind wir mit maßgeschneiderten Elementen wie der Galerie noch ein Stück weiter gegangen. Es ist eine Weltneuheit – eine Innovation aus Glas, die sich über die gesamte Breite des Armaturenbretts erstreckt. In den Raum hinter dem Glas können wir Kunst einsetzen. Wir können dafür Künstler beauftragen, und wir glauben, dass viele unserer Kunden das tatsächlich wollen. Es ist aufgrund der Breite und der räumlichen Beschränkung nicht ganz leicht, aber wie Sie wahrscheinlich im Atelier gesehen haben, konnten wir alle möglichen Kombinationen von Kunst einsetzen.
Außen hat der Phantom eine wunderbar schlanke Eleganz. Wenn mich jemand fragen würde: „Was macht den Phantom aus?”, würde ich wahrscheinlich sagen: „Seine Präsenz”. Vorne hat der Wagen den unverwechselbaren Kühlergrill. Und der Phantom integriert diesen Grill zum allerersten Mal wieder in die Karosserie. Und irgendwie ist dieser Phantom dynamischer als frühere Varianten – mit mehreren Linien, die zeigen, dass es etwas mehr um den Fahrer geht und weniger um die Rückbank.
Die Galerie: Digitale Seele, schillernde Opulenz und unvergängliche Schönheit
Victor: Sie haben eine neue Version des Phantom geschaffen und geben den Kunden bei einigen Design-Elementen die Möglichkeit, diese individuell zu gestalten.
GT: Vor allem im Wageninnern, ja. Außen können Sie natürlich jede gewünschte Farbe und die Felgen auswählen. Aber im Interieur wollten wir den Raum mit dieser Art von Kunstgalerie öffnen, die es dem Kunden ermöglicht zu sagen: „Ich will das.” Und dann geben wir ein einzigartiges Kunstwerk in Auftrag. Es hat sich gezeigt, dass unsere UHNW-Kunden diesen Raum wirklich gern selbst gestalten. Sie wollen nicht den gleichen Wagen haben wie ihr Nachbar. Es muss schon etwas Individuelles sein.
Victor: Auf welches Auto sind Sie besonders stolz?
GT: Wahrscheinlich auf den Phantom, weil er so eine starke Geschichte hat. Es ist in etwa so, als würde man sich die Fortsetzung eines Films ausdenken. Wenn es viele Fortsetzungen gibt, kann die Essenz des Originals verloren gehen. Dann fragen die Leute: „Ist das noch ein Phantom? Ist das ein Rolls-Royce?” Deshalb kann es schwieriger sein, etwas zu modernisieren. Mein Fazit lautet: Wir müssen modernisieren, wir müssen neue Technologien einbringen. Aber der letzte Phantom ist 13 Jahre alt und hat viele beeindruckende Elemente. Es ist eine Herausforderung, ihn zu verbessern.
Victor: Welche Art von Fahrzeug wollten Sie schon immer gern entwerfen?
GT: Ich wollte schon immer einen Zweisitzer entwerfen. Und ich meine damit einen Wagen, der sehr schnell ist – und wahrscheinlich elektrisch. Das soll jetzt bitte nicht heißen: „Giles Taylor sagt, dass Rolls-Royce ein Elektroauto baut.” Es ist eine persönliche Aussage. Aber ich mag die emotionale Seite des Autofahrens, den Nervenkitzel des schnellen Fahrens, aber auch Sparsamkeit und Nachhaltigkeit. Es geht mir also nicht um große Verbrennungsmotoren. Ich würde gerne etwas Spielerisches entwerfen – einen schnellen Wagen, der ein breites Lächeln aufs Gesicht zaubert.
Victor: Haben Sie mal darüber nachgedacht, etwas anderes als Autos zu entwerfen? Wie wär’s mit einem Jet-Interieur?
GT: Rolls-Royce wurde schon darauf angesprochen, und wir haben darüber diskutiert, ob wir etwa Luxusräume in Gebäuden oder sogar für Superjachten und natürlich auch für Flugzeuge entwerfen sollten. Ich bin schon daran interessiert, weil den wohlhabenden UHNW-Kunden der Übergang zwischen den Luxusräumen wichtig ist. Sie erwarten das höchste Niveau, den höchsten Komfort und die besten Technologie-Schnittstellen.
Victor: Wie lange dauert es normalerweise von der ersten Idee für ein Automobil bis zum fertigen Produkt?
GT: Normalerweise ungefähr vier Jahre. Von den ersten Entwürfen bis zur Lieferung sind es vier Jahre. Design und Herstellung wahrscheinlich eher drei Jahre. Aber die gesamte Schaffensperiode bis hin zur Auslieferung beträgt vier Jahre.
Victor: Man muss also immer weit in die Zukunft denken, wenn man neu anfängt.
GT: Ja, wir brauchen eine kleine Kristallkugel, um die Trends zu erkennen und zu wissen, wie das Design aussehen könnte. Es gehört zu unserer Aufgabe, einen Kontext zu schaffen.
Victor: Mit Blick auf die Zukunft und das Thema Mobilität und selbstfahrende Autos: Wo sehen Sie Rolls-Royce dabei?
GT: Wir haben bereits autonome Autos: [Wenn man] auf dem Rücksitz eines Rolls-Royce sitzt, ist das wie autonomes Fahren, weil es einen Chauffeur gibt. Wir sehen daher keinen dringenden Bedarf für einen selbstfahrenden Phantom. Aber natürlich werden wir im Zeitalter des autonomen Fahrens auch diese Option anbieten.
Victor: Was ist der individuellste Rolls-Royce, den Sie jemals entworfen haben? Und haben Sie je zu etwas Nein gesagt?
GT: Der individuellste Rolls-Royce war der Sweptail, der Wagen aus dem letzten Jahr. Das war eine Premiere für uns, weil wir den ganzen Wagen verändert haben. Was verrückte Anfragen angeht, da gab es noch nie etwas, wo wir gesagt hätten: „Das können wir nicht.“ Wir hatten natürlich schon Champagner-Kühler, aber das sind normalerweise nur Innenumbauten, also nichts so Grundlegendes. Im Sweptail waren die Taschentuchkästen in den B-Säulen und der Dom-Pérignon-Kühler Auftragsarbeiten des Kunden. Wir können diese Bedürfnisse erfüllen. Wir sagen nicht: „Nein, das geht nicht.” Wir sagen: „Yes you can!” und dann finden wir einen Weg.
Images © Rolls-Royce Motor Cars; Domenic Staelberg
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